Darstellungen und Erweiterungen geordneter Mengen. I.*)
Von Günter Bruns in Mainz. ■^)
Einleitung .
In jeder abstrakten Strukturtheorie bemüht man sich, die zur Untersuchung gelegten Strukturen durch konkrete Modelle zu realisieren, sie „darzustellen". In der Verbandstheorie, allgemeiner in der Ordnungstheorie, d. h. der Theorie der (teilweise) geordneten Mengen, bieten sich solche Modelle in den Mengensystemen an. Jedes System 90t von Mengen ist ja durch die Relation g des mengentheoretischen Enthaltenseins in natürlicher Weise mit einer Ordnung versehen.
Es sind eine Reihe von Sätzen bekannt, welche die Isomorphic spezieller Verbände mit solchen Mengensystemen aussagen. Am bekanntesten ist vielleicht der Birkhoff- Stonesche Satz ^), daß jeder distributive Verband isomorph einem Mengenring ist; bekannt ist weiter der Tarskische Satz, daß jeder vollständige, vollständig distributive Boolesche Verband atomar und daher einer Potenzmenge isomorph ist 2). Es existieren aber noch eine Reihe weiterer solcher Darstellungssätze, auf die wir später an geeigneter Stelle näher eingehen werden. Alle diese Sätze stehen jedoch in der Literatur mehr oder weniger isoliert, oder sind zumindest unter unangemessen engen Voraussetzungen formuliert. Es erscheint daher nützlich, sie in eine einheitliche Theorie von größtmöglicher gemeinheit einzubetten, die nicht nur spezielle Darstellungssätze liefert, sondern zeitig auch einen vertieften Einblick in die Natur der Darstellungsfragen und, wenn möglich, einen Überblick über alle Darstellungen einer geordneten Menge gewährt. Das soll in der vorliegenden Arbeit versucht werden.
Diese Darstellungsfragen sind indessen nicht nur von intern ordnungstheoretischem Interesse. Seit der Caratheodoryschen Entdeckung, daß sich die Maß- und Integraltheorie rein verbandstheoretisch begründen läßt, ist von mehreren Autoren erfolgreich der such gemacht worden, auch andere Teile der Mathematik „elementfrei", d. h. rein nungstheoretisch, aufzubauen. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an die freie Begründung der Topologie, wie sie in dem Buch von Nöbeling^) neuerdings sogar eine lehrbuchmäßige Darstellung gefunden hat; man denke ferner an die sätze der Idealtheorie*), an die Sätze vom Jordan-Hölderschen Typus^) und viele andere. Bei allen diesen Gebieten scheint es wichtig, um Einblick in die effektive Allgemeinheit ihrer verbandstheoretischen Behandlung zu bekommen, einen Überblick über alle kon-
* ) Habilitationsschrift Mainz 1960. +) Zur Zeit Hamilton/Ont (Canada).
1 ) Siehe etwa Hemes [17], S. 106ff.
2 ) Siehe etwa Hermes [17], S. 132, S. 24. 3.
3 ) Nöbeling [20].
* ) Siehe etwa J. Schmidt [25] und [26]. *) Man vergleiche etwa Feischer [14].