R . Teichmuller, Der Apenninflysch und seine Probleme. 419
dann ist der Apennin ein großartiges Deckengebirge. Gehört aber der gesamte Flysch dem Alttertiär an, so ist der Apennin nur ein einfaches Faltengebirge, ja z. T. nur ein Bruchfaltengebirge mit lokalen Überschiebungen.
Das zweite Problem hängt eng mit dem ersten zusammen; es betrifft die epirogene Vorgeschichte des Apennin. Wenn der samte Flysch autochthon ist, dann lag im Alttertiär an der Stelle des heutigen Grebirges ein Trog^), in dem sich Seicht- und wassersedimente sowie basische Eruptiva („Grüne Gesteine") zu großer Mächtigkeit häuften. — Stellt aber der Flysch überwiegend ein mesozoisches Deckenpaket dar, so ist die Hauptgeos3mklinale weit westwärts in der Tyrrhenis zu suchen. Ein enger räumlicher Zusammenhang zwischen Muttergeosynklinale und dem heutigen Gebirge bestände nicht. Die Decken wären sozusagen nicht aus dem Apennintrog i. e. S. emporgewachsen, sondern in ihn geglitten.
Diese Probleme heute schon für Süd- und Nordapennin scheiden zu wollen, wäre verfrüht. Nur über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse, soweit er sich aus der Literatur und aus neuen eigenen Beobachtungen ergibt, soll im folgenden ein Überblick gegeben werden.
A . Der Flysch des Südapennin.
Im Südapennin ist die Tektonik wenigstens in ihren zügen geklärt. Wie Abb. 1 andeutet, herrscht im Südwesten ein ziemlich flachwelliger Faltenbau, der nur durch Abscherungen und Brüche kompliziert wird. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß über diesen scheinbar wenig dislozierten Teilen einst noch eine kristalline Decke lag^). Die benachbarten Profile von Nordkala- brien legen diese Annahme nahe. Auch der petrographische Habitus des Eozäns im Cilento spricht dafür: es sind oft stark wegte, phyllitische Gesteine.
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Abb . 1. Schematisehes Querprofil durch den Südapennin. t2 mittlere Trias, ts obere Trias, со Oberkreide, bi Alttertiär.
1 ) Er sei im folgenden als Apennintrog i. e. S. bezeichnet.
2 ) Die Überschiebungen könnten hier nur postoligozän sein. Sie entsprächen damit zeitlich vielleicht den Überschiebungen in den Lepiner Bergen (s. Franchi 1921—1926).
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