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Grundlagen . Begriff der Kardinalzahl.

der Abzählbarkeit der Menge aller rationalen Zahlen (S. 34) erinnern. Wir sprachen damals von der überall dichten Erfüllung der geraden mit rationalen Punkten. Es gibt aber (vgl. S. 12 und 36) auch Punkte auf der Zahlengeraden, die sich nicht durch rationale, sondern durch sogenannte irrationale Zahlen wie У2, '{E, n = 3,14159 . . . usw. bezeichnen lassen. Nun sind z. B. ]/£ und algebraische Zahlen, nämlich Wurzeln der Gleichungen x^ 2 =0 und x^ 5 =0. Ebenso wie die Punkte '\/2 und Уб der Zahlengeraden gibt es unendlichviele weitere Punkte, die zwar nicht durch rationale Zahlen, wohl aber durch algebraische Zahlen bezeichnet werden; diese neuen Punkte bilden gar gewissermaßen die Regel", da sie den Wurzeln der Gleichungen vom zweiten und von jedem höheren Grad entsprechen, während die rationalen Punkte lediglich durch die linearen Gleichungen geliefert werden. Der bewiesene Satz besagt aber, daß die Menge aller jenigen Punkte der Zahlengeraden, die durch algebraische Zahlen bezeichnet werden, auch noch abzählbar ist. Diese Punktmenge muß offenbar, wenn es mehr anschaulich als scharf ausgedrückt werden darf, die Gerade noch unvergleichlich viel dichter erfüllen, als dies von der Menge der rationalen Punkte gilt ; und noch weit näher als bei der letzteren Menge liegt nunmehr der Gedanke, daß die jetzt betrachtete Punktmenge unsere Zahlengerade lückenlos erfülle, d. h. daß sie identisch sei mit der Gesamtheit aller Punkte auf der Geraden. Dies würde dann besagen, daß die Menge aller auf einer geraden Linie gelegenen Punkte abzählbar wäre, wie dies Cantor in der Tat bei seiner ersten Beschäftigung mit diesem Gegenstand vermutet und zu beweisen versucht hat (Cantor- Stäckel [1]).

Dem Nachweis, daß dies nicht der Fall ist, daß sich vielmehr schon die Menge aller Punkte einer beliebig kleinen endlichen Strecke nicht mehr abzählen läßt, soll der erste Teil des nächsten Paragraphen widmet sein.

5 . Anwendungen auf beliebige unendliche Mengen. Zum Schlüsse dieses Paragraphen sollen noch einige allgemeine Sätze bewiesen werden, die einen grundsätzlich anderen Charakter tragen als die vorangehenden Überlegungen. Bisher haben wir hier, sowçhl bei den behandelten speziellen Mengen wie bei den allgemeinen Sätzen 1 bis 3, ausschließlich abzählbare Mengen in Betracht gezogen; nunmehr soll von beliebigen unendlichen Mengen die Rede sein, für die wir mittels der bisher entwickelten Methoden gleichfalls schon gewisse Tatsachen nachweisen können, die sich gar nicht von selbst verstehen. Das brett, das uns den Übergang von den abzahlbaren zu beliebigen Mengen ermöglicht, wird dargestellt durch den folgenden grundlegenden und später noch öfters benutzten Satz, welcher eine allgemeine Beziehimg zwischen den Mengen der einen und der anderen Art darstellt: