Literarisches .

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aus der Cauchyschen Integralformel fließende Restabschätzung , falls man die Reihenentwicklung nach einer endlichen Gliederzahl abbricht. Osgood bemerkt hier, daß sich mittelst dieser Formel die gesaiùte Theorie der Potenzreihen entbehrlich machen ließen und er fügt hinzu, daß er nur aus pädagogischen Gründen diese Elimination nicht vollzogen habe.

Das Ende des Kapitels bringt die independente Begründung der Theorie der komplexen Funktionen nach G our s at. Hiermit schließt das erste Heft.

Das neue vorliegende Heft bringt zunächst die Theorie der mehrdeutigen Funktionen. Der geometrische Charakter des Werkes tritt in der Darstellung dieses Gegenstandes besonders vorteilhaft hervor. Es muß hierbei erwähnt werden^ daß die vortrefflichen Vorlesungen F. Kleins für die Darstellung, wie Osgood bemerkt, vorbildlich gewesen sind. Das ist in der Tat sehr zu begrüßen, denn es gibt in der mathematischen Literatur zwar viele, aber wenig so anregend geschriebene Schriften, als die von F. Klein über die Riemannsche Theorie. Es ist erfreulich, daß die in Hinsicht der strengen Begründung inzwischen vervollkommnete Darstellung den Reiz der lebendigen Anschauung, welchen die Vorlesung von F. Klein in hohem Maße besitzt, nicht verloren hat.

Eine besonders hübsche Einzelheit sei erwähnt. Die Riemannsche

Fläche des Logarithmus wird durch den Grenzübergang I e^" = lim ( 1 -\— jj

aus der Riemannsehen Fläche der algebraischen Funktion hergestellt.

Ferner sei ein Satz von Darboux über konforme Abbildung im Großen erwähnt, der in einfachen Fällen die Entscheidung liefert, auf welche Gebiete einzelne Blätter der Riemannschen Fläche durch die Funktion gebildet werden.

Vermißt habe ich einen Hinweis auf die allgemeine Methode von C. Runge. Es ist in der Tat merkwürdig, daß die grundlegende Frage,, nach dem Zusammenhang der Zweige einer algebraischen Funktion, welche durch eine Gleichung gegeben ist, in keinem Lehrbuch, soweit mir bekannt, vollständig behandelt wird. C. Runge hat gezeigt (Grelle Bd. 97) wie man mittelst einer endlichen Zahl von Operationen die Struktur der Riemannschen Fläche im Großen angeben kann. Über diese so wichtige Frage scheint es keine weitere Literatur zu geben. Vermißt habe ich auch einen Hinweis auf die Abänderungsmöglichkeiten der Konstruktion der Riemannschen Fläche durch Änderung des Verzweigungsschnittes. Dieser Punkt ist für das Verständnis zu wesentlich, als daß man ihn in einem Lehrbuch ganz übergeben darf.

Der zweite Abschnitt wird durch ein Kapitel über analytische Fortsetzung beschlossen. Die Zusammenfassung der Elemente der analytischen Funktion zur monogenen analytischen Funktion ist mit aller Strenge durchgeführt. Eine Schlußweise, die der des Satzes von Heine-Borel entspricht, führt zu dem grundlegenden Satze, daß die Funktionswerte an einer Stelle stets eine abzählbare Menge bilden.

Hiermit sind die grundlegenden Kapitel der Funktionentheorie erledigt, und in dem folgenden Abschnitt handelt es sich zunächst um Anwendungen. Es werden die einfach und doppeltperiodischen Funktionen in der üblichen Weise diskutiert (Kap. 10). Dann folgen Reihen- und Produktentwicklungen