Kleine Mitteilungen

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Grossengleichungen und die Einheit «Mol»i)

In der Physik ist es heute üblich, die Definitionen und Gesetze unabhängig von den Einheiten m Form von Grossengleichungen darzustellen Wenn dies in der lischen Chemie bisher nicht gelang, so hegt das zur Hauptsache daran dass man sich zu wenig Klarheit verschafft hat über die Art oder Dimension der herkommlicherweise m Mol (Grammol, Grammolekul) ausgedruckten Grossen

Der oft vertretenen Ansicht, das Mol sei eine Masseinheit2), können wir uns nicht anschliessen In Angaben wie «3 Mol Chlor» oder «3 Mol Wasserstoff» usf steht doch offenbar 3 als Masszahl Mol als Einheit einer Grosse, in welcher diese gasformigen Korper übereinstimmen Das einzige übereinstimmende quantitative Merkmal dieser Gaskorper ist aber die Anzahl der freien Gasteilchen, der Moleküle Die Einheit 1 Mol muss also - ähnlich wie 1 Paar, 1 Dutzend, 1 Gros - ein Zahlmass sein, das allerdings seinem Namen nach zunächst noch die Einschränkung m sich schliesst, dass die ten Dinge Moleküle sind

Man kann sich aber von dieser Einschränkung frei machen und das Mol auch als Zahlmass fur Atome und Ionen verwenden (an Stelle von Grammatom und Grammion), wenn man die Art der Teilchen ausserhalb der Zahleinheit angibt, zum Beispiel

1 Mol CI2 oder 1 Mol Chlormolekule wiegt 71 g, 1 Mol Cl oder 1 Mol Chloratome wiegt 35,5 g, 1 Mol Cl- oder 1 Mol Chlorionen wiegt 35,5 g

und tragt die Ladung 96 500 Coulomb

Fur das im angedeuteten Sinn verallgemeinerte Mol soll folgende Definition gelten / Mol ist eine dimensionslose Zahleinheit grosser als die natürliche Zahlemheit 1 Stuck Die Zahleinheit 1 Mol ist festgelegt durch die A nzahl der Moleküle m 32 g Sauerstoff gas Nachdem diese Anzahl indirekt zu 6,02 Ю^з Stuck bestimmt wurde, kann man die Umrechnungsgleichung angeben

1 Mol = 6,02 1023 Stuck3)

Es werden auch dekadische Vielfache dieses Zahlmasses als neue Zahlemheiten wendet, zum Beispiel

1 кМо1 = 103 Mol = 6,02 102» Stuck

Dass sich die so festgelegten Einheiten auch bei Elektronen, Lichtquanten usf als Zahlmasse eignen, hegt auf der Hand

Wird eine Anzahl nicht m der natürlichen Einheit Stuck angegeben, so muss die verwendete Zahleinheit, zum Beispiel Mol oder Kilomol, unbedingt genannt werden, bei Angaben m der natürlichen Einheit kann die Bezeichnung Stuck unterbleiben Die folgenden abgeleiteten Grossen geben Anwendungsbeispiele fur diese Regeln

Dividiert man die Masse m eines Korpers, sein Volumen v, seme Wärmekapazität k oder eine andere geeignete Quantitatsgrosse durch die Anzahl z semer Atome bzw Moleküle, so erhalt man neue Grossen gleicher Dimension, aber anderer Bedeutung, sie sollen atomare bzw molekulare Grossen heissen Man wird in diesen Grossen die bisher ausschliesslich auf die Einheit Grammatom bzw Grammol bezogenen Begriffe Atommasse, Atomvolumen, Atomwarme bzw Molmasse, Molvolumen, Molwarme usf erkennen Die zugehörigen Definitionsgleichungen sind aber von den Einheiten abhängig, die dann auftretende Anzahl z ist eine m der physikalischen Chemie unent-

^ ) Dieses Thema wurde anlas^lich des letzten Fortbildungskurses des Vereins Schweizerischer Gymna siallehrer (El Math 8, 20 [1953]) in einer Aussprache über Probleme des Physikunterrichts behandelt

2 ) Zum Beispiel R W Pohl, Mechanik, Akustik und Wärmelehre, 10 und 11 Auflage (Springer, Berlin 1947), oder W H Westphal, Physikalisches Wörterbuch (Springer, Berlin 1952)

^ ) Die Umrechnungszahl 6,02 10^^ (Loschmidtsche oder Avogadrosche Zahl) darf m Grossengleichungen natürlich kein besonderes Symbol erhalten